Übungsszenario: Verkehrsunfall mit mehreren eingeklemmten Personen
| Einsatzabteilungs-Berichte
Erst seit Anfang März dürfen wieder regelmäßige, für die praktische Ausbildung der Freiwilligen Feuerwehren eigentlich unabdingbare Übungen durchgeführt werden
Die strengen Corona-Vorschriften lassen auch jetzt nur Einzelübungen zu, nicht aber die Zusammenarbeit mit anderen Wehren aus den Stadtteilen.
Dennoch, das hält der Wehrführer der Feuerwehr Groß-Umstadt/Mitte, Jan Duschek, für sehr erfreulich, gab es in der Zwischenzeit sogar sieben Neueintritte in die Einsatzabteilung, teils Übernahmen aus der Jugend, teils auch Quereinsteiger.
Angenommen wurde bei der jüngsten Verkehrsunfall-Übung auf dem Feldweg hinter der Firma Pentac ein Szenario, wie es immer wieder in der Realität vorkommen kann: zwei PKW, die frontal kollidieren, sich entweder überschlagen und oder über eine Böschung geschleudert werden. In den Unfallautos teils schwer verletzte Personen, die gerettet und die Autos dafür zerschnitten werden müssen.
Eine gute Gelegenheit, sich über die anspruchsvolle und nicht selten lebensrettende Arbeit der Feuerwehrleute zu informieren, bot sich hier. 23 Aktive aus der Umstädter Einsatzabteilung beteiligten sich und wurden nach dem Anrücken sämtlicher Fahrzeuge - HLF20, LF10, ELW, TLF 24/50, DLK - und erster Erkundung in zwei Einsatzabschnitte auf die Übungsobjekte, die beiden verunfallten Autos, aufgeteilt.
Während vor dem ersten Unfallfahrzeug zunächst ein aufgelöster, im Schockzustand befindlicher Ehemann der anderen verunglückten Person im Wagen beruhigt werden musste, näherte man sich dieser, im Übungsfall nicht nur schwerverletzten, sondern eingeklemmten Frau vorsichtig. Auch im anderen beteiligten Fahrzeug war der Beifahrer im Beinbereich eingeschlossen. Nach einem recht problemlosen Öffnen mit schwerem technischem Gerät konnte über die Seite schließlich die Patientenrettung vorgenommen werden.
Erste Aufgabe des Trupps des LF10 war, zu erkunden, denn im hinteren Fahrzeugraum war ein Kleinkind nach unten gerutscht. Das Dach wurde von hinten „hochgestülpt“ so dass es am Ende fast einfach schien, die Person über ein Spineboard und „mit Manpower“ herauszuheben. Diese recht aufwendige Rettung geschah, um mögliche Wirbelsäulenverletzungen zu schonen.
Die erste Person aus dem Mercedes war um 20.04 Uhr befreit, meldete der Einsatzleiter Andreas Karn. Um 19.41 Uhr war die Feuerwehr vor Ort gewesen. Der dritte Patient war um 20.12 Uhr befreit, die sogenannte Erstöffnung des Opels nach elf Minuten gelungen.
Zunächst wurde ein Auto gesichert und abgestützt, mit Schere und Spreizer die Tür geöffnet und eine Notöffnung versucht, während ein so genannter innerer Retter den Patienten im Fahrzeuginnenraum betreute. Dass man versuchte, mit der Säbelsäge die A- und die B-Säule des Wagens durchzuschneiden, sollte sich hinterher als unpraktikabel erweisen. Auch solche Erkenntnisse, dass der Einsatz eines Sägeblatts nicht in jedem Fall sinnvoll ist, können von einer Übung mitgenommen werden, hieß es in der Abschlussbesprechung.
„Ein gutes Gefühl“ hatte dennoch Andreas Karn, als Zugführer für den Ablauf der Übung verantwortlich, und schätzte diese als gelungen ein, wobei Zeit erst einmal keine Rolle spiele. „Die Autos wurden relativ schnell geöffnet und die Patienten konnten in angemessener Zeit dem Rettungsdienst übergeben werden.“
Den Übungscharakter verdeutlichte, dass durchaus einige Mitglieder ohne Lehrgang an vorderste Front geschickt wurden, meinte Andreas Karn. „Dafür, dass hier einige noch nicht so viele Kenntnisse hatten, ist es doch gut gelaufen.“ Die Lage habe viel Manpower und auch Gerätschaften erfordert. Mit die wichtigsten Leute seien dabei diejenigen, die das Werkzeug im Hintergrund bereithielten und bei Bedarf zügig etwas reichten. Ausprobieren von Material machte auch hier die Übung aus „Man versucht natürlich, das Ganze so einsatznah wie möglich zu gestalten“, erklärte Karn.
Erstmals zum Einsatz kam ein neues Tablet mit spezieller App, welche alle Rettungskarten beinhaltet. Damit man über jedes Auto einen schnellen Überblick bekommt, wo welche Gefahren bestehen, etwa, wo die Batterie gelagert ist, wo die Airbags versteckt sind oder auch wo die Feuerwehr mit der Rettungsschere ansetzen muss, ohne in einen Gurtstraffer zu schneiden. Bislang wurden solche Abfragen vor Ort über Funkkontakt zur Leitstelle gemacht.
Um an die benötigten Daten eines Fahrzeugs zu gelangen, kann nun mit dem Tablet viel Zeit gespart werden, wenn bereits während der Anfahrt das Automodell bekannt ist. Die zunehmende Anzahl von Hybrid- und Elektrofahrzeugen sowie andere alternative Antriebe bergen zusätzliche Gefahren sowohl für Einsatzkräfte als auch Unfallopfer. Neuartige Assistenzsysteme können Rettungsmaßnahmen behindern oder auch nachträglich noch ausgelöst werden und Verletzungsrisiken bergen.
Viele junge Kräfte waren in der Dunkelheit mit dabei, die sich allesamt mächtig ins Zeug legten, neben den „alten Hasen“, welche ein solches Szenario wohl schon öfters auf der Straße erlebt haben und bewältigen mussten. Wie schön, dass sich zum Abschluss nach getaner Arbeit alle gemeinsam im Feuerwehrhaus trafen, wo bereits ein wärmendes Chili Con Carne wartete.
Quelle Fotos & Text: Dorothee Dorschel